Tinnitus ist der medizinische Fachausdruck für Ohrgeräusche oder Ohrensausen. Jeder Vierte von uns hat dieses Phänomen schon einmal wahrgenommen, glücklicherweise meist nur vorübergehend. In einem schalldichten Raum kann fast jeder Mensch summende Geräusche oder Töne verschiedener Klangqualitäten hören. Oft werden diese als Pfeifen, Rauschen, Zischen oder Summen erlebt. Genau genommen ist die Zahl der verschiedenen Geräuschempfindungen mindestens ebenso hoch wie die Zahl der Menschen, die Ohrgeräusche haben.
Der subjektive oder „eigentliche“ Tinnitus
Den unterschiedlichen Geräuschen im Kopf oder in den Ohren ist eines gemein: Bis auf seltene Ausnahmen hört sie nur der Betroffene selbst. Man spricht dann vom subjektiven Tinnitus. Wir nennen den Tinnitus „akut“, wenn er erst kürzlich aufgetreten ist, als „chronisch“ wird er bei einer Dauer ab etwa drei Monaten kategorisiert.
Tinnitus ist ein Symptom des Hörsystems. Ähnlich dem optischen System, das bei Störungen nur mit Sehminderung, subjektiven Lichtblitzen oder Lichtempfindlichkeit reagieren kann, führen Störungen des eigentlichen Hörsystems ausschließlich zu Hörminderung, Tinnitus und/oder Geräuschüberempfindlichkeit.
Tinnitus kann unter bestimmten Bedingungen ein normales, physiologisches Phänomen sein (zum Beispiel bei starker Erregung oder Angst). Diese Art von Tinnitus, die ganz leicht durch Umgebungsgeräusche unterdrückt wird und an die man sich deshalb ohne Mühe gewöhnen kann, unterscheidet sich jedoch grundlegend vom schweren, quälenden Tinnitus, über den etwa 1,5 Millionen Menschen klagen. Sie erleben ihren Alltag durch pfeifende Ohrgeräusche so behindert, dass sie oft nicht schlafen können, in ihrer Konzentration beeinträchtigt sind oder sie auch psychischen Belastungen nicht mehr standhalten können.
Der objektive Tinnitus oder das Körpergeräusch
Im Gegensatz dazu stehen die sogenannten „objektiven“ Ohrgeräusche, sogenannte „Body-sounds“ oder Körpergeräusche. Sie sind sehr selten: Bei nur einem Prozent aller Tinnitus-Fälle handelt es sich um Körpergeräusche. Ursache sind Schallquellen in Ohr-Nähe. Die Schallquelle lässt sich meist objektivieren, zum Beispiel mithilfe eines Hörrohrs (Stethoskops), Mikrofons oder Hörschlauchs. Gefäßbedingte Ursachen lassen sich mithilfe von bildgebenden Verfahren wie Computertomographie (CT), Kernspintomographie (NMR), Sonographie der Halsgefäße oder radiologischer Darstellung der Arterien oder Venen in Ohrnähe (Angiographie) darstellen. Muskuläre Phänomene, die von den Mittelohrmuskeln ausgehen (Spasmen), sind durch die Beschreibung leicht erkennbar und können auch vom HNO-Arzt gesehen werden (Zucken des Trommelfells oder des Gaumens). Außerdem sind durch Atem bedingte Phänomene zu nennen (Hören des eigenen Atems bei offenem Verbindungsgang Rachen-Mittelohr). Die gefäßbedingten Geräusche hören sich pulsierend an, synchron mit dem Herzschlag („pulssynchron“).
Strategisch ist hier völlig anders vorzugehen als beim eigentlichen Tinnitus: Nach Eruierung der Geräuschquelle kann je nach medizinischen Gründen meist durch operative Eingriffe das Geräusch verschwinden. Es ist Vorsicht geboten: Bei einem harmlosen Grund für das Geräusch sollte im Hinblick auf die Gefahren einer Operation eine „Behandlung“ unterbleiben.
Häufigkeit
Seit der repräsentativen Studie der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. von 1999 wissen wir Genaueres über das Vorkommen und die Beeinträchtigung durch Tinnitus in Deutschland. Die Punktprävalenz (das Vorkommen an einem Stichtag) für akuten und chronischen Tinnitus beträgt 3,9 Prozent, das heißt, zum Untersuchungszeitpunkt gaben knapp vier Millionen Bundesbürger (älter als zehn Jahre) an, von Tinnitus betroffen zu sein. Bei zehn Millionen Erwachsenen kommt es jährlich zu Tinnitus. Bei etwa 2,7 Millionen besteht ein chronisches Ohrgeräusch mit einer Jahresinzidenzrate von 0,33 Prozent, das heißt, jährlich kommt es bei etwa einer Viertel Million Personen zu chronischem Tinnitus. 35 Prozent dieser Personen hören ihr chronisches Ohrgeräusch nur bei Stille, bei 44 Prozent lässt sich der Tinnitus durch alltägliche Umgebungsgeräusche überdecken und bei 17 Prozent ist der Tinnitus selbst bei großem Lärm wahrnehmbar. Nach einer sechsstufigen Schweregradeinteilung leiden in Deutschland etwa 1,5 Millionen Bürger mittelgradig bis unerträglich unter Tinnitus – man spricht hier von einem „dekompensierten“ Tinnitus. Dies entspricht etwa 1,1 Prozent der Bevölkerung. Bei 44 Prozent besteht zusätzlich eine Geräuschüberempfindlichkeit (Hyperakusis).
Suchen Sie sich einen Arzt des Vertrauens. Aber: Geben Sie Ihre Verantwortung nicht beim Arzt ab.
Scheuen Sie sich nicht, auch psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen!
Machen Sie Ihren Tinnitus nicht zum Lebensmittelpunkt und ziehen Sie sich nicht zurück.
Einen Therapiefahrplan, um die Geräusche zu überhören, liefert die Tinnitus-Retraining-Therapie (neu: TBT Tinnitus-Bewältigungs-Therapie). Hier arbeiten Ärzte, Psychologen und Hörgeräteakustiker Hand in Hand, um auf Ihre individuelle Situation einzugehen.
Aufklärung, Selbsthilfe, Selbsthilfegruppen und Lebensfreude lassen Ihren Tinnitus in den Hintergrund treten. Hierbei hilft Ihnen die Deutsche Tinnitus-Liga e. V., oder natürlich unsere Selbsthilfegruppe in München Haidhausen.
(Quelle und mehr Informationsmaterial: Deutsche Tinnitus-Liga e.V)